Aktuelle Plenarwoche

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Ukraine-Krieg und die Folgen in Europa – Debatte mit Rat und Kommission am Mittwoch, 4.5.2022, 8.30 Uhr bis 11.30 Uhr im Plenum

Abstimmung über eine Resolution im Mai-II-Plenum am 18. und 19. Mai.

  • Die bisherigen fünf Sanktionspakete der EU-Mitgliedstaaten gegen den Angriffskrieg des russischen Regimes sind richtig und angemessen.Sie zeigen nicht zuletzt die Handlungsfähigkeit der EU, wenn sie geschlossen und entschlossen vorgeht. Ein sechstes Sanktionspaket zur Einschränkung russischer Ölimporte muss kommen. Ziel dieser und weiterer Sanktionen muss sein, die Fähigkeit des russischen Regimes zu unterbinden, die Sicherheit und Stabilität Europas weiter zu gefährden. Richtig ist, zudem Mittel aus der Europäischen Friedensfazilität für die Lieferung von Waffen an die Ukraine bereitzustellen.
  • Es braucht eine Strategie für nachhaltigen Frieden in Europa. Eine Antwort ist offenbar eine stärkere Europäisierung der Sicherheitspolitik.Dabei geht es nicht in erster Linie um mehr Geld, sondern um mehr Zusammenarbeit. Die Militärausgaben der Mitgliedstaaten der EU sind bereits jetzt um ein Vielfaches höher als die Militärausgaben Russlands. Wichtig sind gemeinsame strategische Prioritäten, mehr im Rat sowie ein Parlamentsvorbehalt. Die Mitgliedstaaten müssen die EU-Instrumente zur Verteidigung zielgerichtet nutzen und stärken. Dazu gehören die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (PESCO, Permanent Structured Cooperation), der Europäische Verteidigungsfonds (EDF, European Defence Fund) und das Verfahren um mögliche Kooperationsprojekte zu ermitteln und die Ausgaben der Mitgliedstaat zu koordinieren (CARD, Coordinated Annual Review on Defence).
  • Ähnliche Anstrengungen müssen die Mitgliedstaaten jetzt unternehmen um eine sichere, erschwingliche und nachhaltige Energieversorgungsicherzustellen, die unabhängiger von russischen Importen wird. Kommission und Mitgliedstaaten müssen die nächste Heizperiode sichern und die Europäer*innen vor Engpässen schützen. Dabei muss das Ziel der Klimaneutralität gewahrt bleiben.

Reform des EU-Wahlrechts – demokratischer, europäischer und geschlechtergerechter – Legislativer Initiativbericht; Debatte am Montag, 2.5.2022, ab 17 Uhr, finale Abstimmung Dienstag, 3.5.2022 13 Uhr bis 15 Uhr

Die erste Direktwahl zum Europäischen Parlament im Jahr 1979 liegt schon mehr als 40 Jahre zurück, doch bis heute sind Europawahlen fast ausschließlich national ausgerichtet. Das soll sich mit einer tiefgreifenden Reform des europäischen Wahlrechts ändern. Die Sozialdemokrat*innen im Europäischen Parlament fordern, dass die Europawahlen europäischer, innovativer und geschlechtergerechter werden. Eine große Innovation stellt der Vorschlag für transnationale Listen dar, der einen gesamteuropäischen Wahlkreis mit 28 Kandidat*innen umfassen soll. Länderübergreifende Wahllisten könnten es Europäer*innen ermöglichen, Kandidat*innen zu wählen, die in der gesamten EU zur Wahl stehen. Die Sozialdemokrat*innen sind überzeugt, dass transnationale Wahllisten, zusammen mit einer rechtlich verbindlichen Verankerung des Spitzenkandidatenprinzips, eine historische Chance für eine grundlegende europäische Ausrichtung der Europawahlen darstellen. Darüber hinaus sollen die nächsten Europawahlen in allen EU-Mitgliedstaaten an einem gemeinsamen Feiertag, den 9. Mai, stattfinden und durch eine europäische Wahlbehörde unterstützt werden. Zudem enthält der Bericht die Forderung, dass die Wahllisten der Parteien, die bei EU-Wahlen antreten, in Zukunft geschlechterparitätisch zu besetzen sind. Ein zeitgemäßes europäisches Wahlrecht könnte dafür sorgen, dass Frauen künftig die Hälfte der Europaabgeordneten stellen. Je grösser die Unterstützung für diesen Bericht ausfällt, umso höher ist der Druck auf den Rat, diese Vorschläge für eine Änderung des EU-Wahlrechts zu unterstützen (Artikel 223, Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union).

Zukunftskonferenz – Empfehlungen der Bürger*innen umsetzen – Debatte am Dienstag, 3.5.2022, 15 Uhr bis 22 Uhr.

Die finale Plenartagung der Zukunftskonferenz steht dieses Wochenende bevor. In einem beispiellosen Prozess haben zufällig und nach repräsentativen Kriterien ausgewählte Bürger*innen aus der ganzen EU in vier europäischen Bürgerforen zusammengearbeitet und Vorschläge für konkrete Veränderungen in vielen Politikbereichen, sowie über die künftige europäische institutionelle Architektur, erarbeitet. Soziale Gerechtigkeit, Migration, Digitalpolitik und Klima – in vielen Bereichen fallen die finalen Schlussfolgerungen ambitioniert aus. Doch mit Blick auf die Umsetzung der Vorschläge halten sich die Staats- und Regierungschefs bisher bedeckt. Ohne klare Zusagen seitens der EU-Institutionen würden die vielen engagierten Bürger*innen enttäuscht, und die Chance auf eine tiefgreifende Reform für eine demokratischere EU wäre vertan. Das Europaparlament stimmt in der kommenden Woche über seine Schlussfolgerungen der Konferenz ab.

„This is Europe“ – Austausch mit italienischem Premierminister Mario Draghi – Debatte am Dienstag, 3.5.2022, 11.30 Uhr bis 13 Uhr.

Fragestunde mit EU-Ratspräsident Charles Michel – Fragestunde am Dienstag, 3.5.2022, 15 Uhr bis 22 Uhr

Die Abgeordneten befragen den Ratspräsidenten zu seiner Bilanz der letzten zwei Jahre und zur Umsetzung seiner politischen Prioritäten. Charles Michel ist seit 1. Dezember 2019 Präsident des Europäischen Rates. Im Mai-Plenum hat jeder Abgeordnete eine Minute Zeit, um ihre oder seine Frage zu stellen, gefolgt von einer Antwort von bis zu zwei Minuten und einer möglichen Anschlussfrage, nicht länger als 30 Sekunden, sowie einer zweiten Antwort des Ratspräsidenten von bis zu zwei Minuten.

Künstliche Intelligenz – Innovation nutzen, Grundrechte schützen – Abschließender Initiativbericht des AIDA-Sonderausschusses „Artificial Intelligence in a Digital Age“, Debatte am Dienstag, 3.5.2022, Abstimmung 14 bis 15 Uhr

Wie können Menschen beim Einsatz von KI profitieren, ohne dass Grundrechte geopfert werden? Was sind die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf die Gesellschaft? Diese und weitere Fragen versucht der Initiativbericht über künstliche Intelligenz im digitalen Zeitalter zu beantworten. Der Berichtsentwurf des EVP-Berichterstatters wurde mit über 1.300 Änderungsanträgen erheblich umformuliert und im Anschluss von den Abgeordneten des AIDA-Sonderausschuss angenommen („Artificial Intelligence in a Digital Age“). Es geht, nach den umfangreichen Änderungen, nun um eine Balance zwischen den Chancen, die sich beim Einsatz von KI ergeben und den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen, um Grundrechte zu schützen. Enthalten im Bericht ist ein Fahrplan für KI mit politischen Empfehlungen für 2030 zu Regulierungsrahmen, Binnenmarkt, Nachhaltigkeit, Talente, Forschung, E-Governance, Gesundheit, Industriestrategie, Strafverfolgung, Cybersicherheit und militärischer Nutzung von KI. Erfreulicherweise konnte sich der EVP-Berichterstatter nicht mit seiner Forderung nach einer Abschwächung der Standards der Datenschutzrundverordnung der EU durchsetzen. Parallel zu diesem AIDA-Initiativbericht hat die EU-Kommission am 21. April 2022 einen legislativen Verordnungsvorschlag zu Künstlicher Intelligenz (AI Act) veröffentlicht. Die Arbeiten an dem KI-Gesetzesentwurf werden nun auf Ebene der Ausschüsse fortgesetzt und die Abstimmung im Plenum über das fertige Mandat ist für das Oktober II Plenum geplant.

Europol-Stärkung – Strafverfolgung ohne Grundrechtsbrüche ermöglichen – Verordnung; Debatte am Dienstag, 3.5.2022, 15-22 Uhr, Abstimmung am Mittwoch, 4.5.2022, 13.30 Uhr bis 15 Uhr

Die EU-Strafverfolgungsbehörde soll mit deutlich mehr Kompetenzen ausgestattet werden. So wird Europol unter anderem ermächtigt, seine Big-Data-Analyse fortzusetzen. Die Behörde soll künftig personenbezogene Daten direkt von privaten Akteur*innen entgegennehmen können und bekommt bei Straftaten die Befugnis, Ermittlungen unter bestimmten Voraussetzungen in einem Mitgliedstaat vorzuschlagen. Bisher lautete die Bedingung, dass dafür ein grenzüberschreitende Dimension des Delikts vorliegen muss. Aus sozialdemokratischer Sicht ist besorgniserregend, wie leichtfertig in der Verordnung das Grundrecht auf Datenschutz und Privatsphäre, zugunsten vermeintlicher Sicherheitserwägungen, geopfert werden soll. Der Europäische Gerichtshof sollte die Mängel dieser Verordnung prüfen. Denn der neue Text enthält mehrere problematische Stellen. Der EU-Datenschutzbeauftragte verpflichtete Europol zu Jahresanfang dazu , bestimmte nicht-kategorisierte Daten nach einer Frist zu löschen, sofern sie nicht zugeordnet werden können. Mit der Verordnung wird diese Anordnung vollständig ausgehöhlt und Europol ermächtigt, die Daten für bis zu 36 Monate zu speichern. Ermittlungserfolge würden andernfalls unmöglich gemacht, so die Argumentation Europols. Deren Verteidigung von Vorratsdatenspeicherung ähnelt  denjenigen der amerikanischen Überwachungsbehörde NSA. Neben den Kompetenzen für Europol wurden vermeintliche Sicherheitsvorkehrungen in den Text eingefügt, die jedoch nicht ausreichen. So soll künftig ein Grundrechtebeauftragter für Europol geschaffen werden, der allerdings keine Durchgriffsrechte hat und lediglich unverbindlichen Stellungnahmen und Informationen bereitstellt. Auch bei der parlamentarischen Kontrolle fehlt der Biss. Das beratende Gremium wird nur auf Ansuchen tätig und hat kein Initiativrecht. Stimmen eine Mehrheit im Plenum des EU-Parlaments sowie der Rat für die Verordnung, tritt sie in Kraft und ist unmittelbar anwendbar.

Schwer abbaubare Schadstoffe eindämmen – Änderung einer Verordnung; Debatte am Montag, 2.5.2022, 17 bis 22 Uhr, Abstimmung am Dienstag, 3.5.2022, 14 Uhr bis 15 Uhr

Sogenannte persistente organische Schadstoffe verbleiben in der Umwelt, sammeln sich in lebenden Organismen an und sind eine Gefahr für unsere Gesundheit. Sie können Mutationen auslösen, sind krebserzeugend, fortpflanzungsschädigend und können durch Luft, Wasser oder wandernde Arten über internationale Grenzen hinweg transportiert werden. Sie können Regionen erreichen, in denen sie noch nie hergestellt oder verwendet wurden, wie zum Beispiel Regionen in der Arktis. Daher braucht man internationale Regeln für diese Stoffe. Diese Verordnung setzt die Verpflichtungen aus der Stockholm-Erklärung um, in der internationale Grenzwerte festgelegt werden. Die überarbeitete Richtlinie setzt strengere Grenzwerte für einige Stoffe. Das EU-Parlaments konnte erreichen, dass Grenzwerte für Schadstoff-Konzentrationen geringer ausfallen als im Kommissionsvorschlag. Strengere Grenzwerte sind wichtig für Gesundheit und Umwelt und ein wichtiger Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. Im Umweltausschuss des EU-Parlaments fand der Kompromiss fraktionsübergreifend Zustimmung, außer bei den rechtskonservativen und nationalistischen Fraktionen von ECR und ID.

Folgen des Krieges gegen die Ukraine für Frauen und Mädchen – Resolution und Anfrage an die Kommission; Debatte am Donnerstag, 5. Mai 2022, 9 Uhr bis 11.50 Uhr, Abstimmung um 12 Uhr

In der Ukraine gibt es 7,1 Millionen Binnengeflüchtete. Weitere 2,8 Millionen Menschen sind alleine über die Grenze nach Polen geflohen, Hundertausende in andere Nachbarstaaten. Viele Flüchtende konnten bei Freund*innen und Familie unterkommen, aber auch in Sammelunterkünften. Diesen Menschen drohen bei ihrer Ankunft in vermeintlich sicheren Ländern Versuche der Entführung zum Zwecke der Ausbeutung, Menschenhandel, aber auch Traumata, Einsamkeit und Isolation. In einer mündlichen Anfrage im Plenum geht es um Strategien der EU-Kommission gegen Menschenhandel. Zudem gibt es Fragen nach der Ausgestaltung einer koordinierenden Rolle in Gesundheitsfragen, zum Beispiel zur Einhaltung der sexuellen und reproduktiven Rechte der Frauen, und nach der Beweissicherung von Kriegsverbrechen wie Vergewaltigung. Die Resolution verdeutlicht, dass Frauen und Mädchen umfassend geschützt werden müssen: vor geschlechtsspezifischer Gewalt, Menschenhandel, Ausbeutung und Krieg. Um diesen Menschen eine konkrete Perspektive zu geben, fordern die Sozialdemokrat*innen in der Resolution die lückenlose Umsetzung der Richtlinie über vorübergehenden Schutz sowie die Perspektive eines EU-Beitritts der Ukraine. Geschlechtsspezifische Gewalterfahrungen, Fluchterfahrungen und Diskriminierung müssen adressiert und angezeigt werden können. Vor allem müssen die Rechte der Frauen und Mädchen hier vor Ort gewahrt werden. Das bedeutet auch, dass Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden müssen, die Pille danach angeboten wird und uneingeschränkter Zugang zum Gesundheitssystem besteht. Obwohl die Konservativen im Gleichstellungsausschuss versucht hatten, Teile zu den sexuellen und reproduktiven Rechten der Geflüchteten herauszustimmen, wurde der Text am Ende fraktionsübergreifend unterstützt. Dies ist ebenso für die Abstimmung im Plenum zu erwarten.

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Petra Kammerevert MdEP