Klaus Hänsch: „Wir gestalten die Wiedervereinigung Europas“

"Wir müssen mit der Arbeit im Verfassungskonvent Europa für die Bürgerinnen und Bürger wieder akzeptabel machen." Das war die Kernthese des Europaabgeordneten Prof. Dr. Klaus Hänsch vor über 200 Haanerinnen und Haanern, darunter vielen Schülerinnen und Schülern der weiterführenden Schulen, im Schulzentrum Walder Straße. Sie hörten einen sehr lebendigen, erfahrenen und an der Bürgermeinung interessierten Europapolitiker. Klaus Hänsch gehört als einziger Deutscher dem Präsidium des europäischen Verfassungskonvents an.

Bernd Stracke, Vorsitzender der SPD Haan, der im Namen der Mitveranstalter Volkshochschule Hilden-Haan und Europa-Union die Anwesenden und Klaus Hänsch begrüßte, erhoffte sich von einer europäischen Verfassung, dass die Europaskepsis der Bürger gemindert und das Fehlen eines europäischen Wertekanons behoben wird.

Klaus Hänsch, seit 1979 Mitglied des Europäischen Parlaments und von 1994 bis 1997 dessen Präsident, brillierte durch klare Aussagen in seinem Vortrag und zeigte sich in der anschließenden Diskussion als euphorischer EU-Bürger. Seine utopisch wirkende Aussage. "Wir gestalten die Wiedervereinigung Europas", belegte er mit zukunftsweisenden, nachvollziehbaren Handlungsstrategien. "Wenn vor sechs Monaten nach dem Desaster von Nizza jemand gesagt hätte, wir machen eine europäische Verfassung, so hätte man das für undenkbar gehalten." Nun liegt bereits der erste Verfassungsentwurf vor, der von Vertretern aller Mitgliedsnationen und von Vertretern der beitrittswilligen Länder erarbeitet wurde. "Wir werden Europa auf eine neue Grundlage stellen, damit das alte, schöne Europa eine Zukunft hat", so Hänsch. Eine europäische Verfassung wird nach seiner Meinung den Frieden und die Selbständigkeit Europas wahren, einen Raum von Recht und Freiheit schaffen, zu einer nachhaltigen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität führen, das Gewicht des Kontinents in der Welt stärken und zu einer größeren Akzeptanz in der Bevölkerung beitragen, weil transparent würde, wer für was in Europa und in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zuständig sei.

Man hatte den Eindruck, dass ihn gerade die kritischen Fragen der Zuschauer herausforderten. "Ich bin gekommen, um ihre Wünsche und Ängste zu erfahren. Das ist für mich europäische Demokratie." So hatte er eine sehr individuelle Antwort auf den Einwand eines Bürgers , dass die Beitrittsländer nur wirtschaftliche Hilfe erwarten. Hänsch möchte politische, soziale, wirtschaftliche und ökologische Ideen in die Beitrittsländer exportieren, um langfristig stabile Verhältnisse in Europa zu haben. Und sehr aufrichtig fügte er hinzu: "Es wird eine gleichmäßige verteilte Unzufriedenheit geben." Am Ende der Veranstaltung konnte jeder die Antwort von Klaus Hänsch auf die Eingangsfrage des Moderators Jörg Dürr "Was verbinden Sie mit Europa?" verstehen: "Arbeit, Interesse und Engagement" Die Haaner erlebten einen engagierten Europäer, der hart und engagiert für die europäische Integration arbeitet und der mit einem Höchstmaß an Interesse die Entwicklungen beobachtet, selbstkritisch analysiert und am Haus Europas baut.